[Anm. d. Red.: Dieser Artikel ist nicht identisch mit dem Original, das in den Sozialpsychiatrischen Informationen veröffentlicht wurde bzw. zur Veröffentlichung vorgesehen ist. Die veröffentlichte Version von Milan Röhricht, Die Patientin, die Touristin und die rhizomatische Ebene, Sozialpsychiatrische Informationen 4/2021, ist online unter (bitte URL angeben) zu finden.]
Die 20-jährige Anne Rau, die nach einem Selbstmordversuch in eine psychiatrische Klinik aufgenommen wurde, fand schließlich den richtigen Ausdruck, um zu vermitteln, was ihr fehlte: etwas kleines und einfaches, aber unermesslich Wichtiges. Sie nannte es eine natürliche Selbstverständlichkeit. Sie fühlte sich unfähig, mit anderen Kontakt aufzunehmen, wie eine Außerirdische im Raum zog sie immer unerwünschte Aufmerksamkeit und verwunderte Blicke auf sich. Dabei war es, als stelle sie einen Widerspruch zu ihrer Umgebung dar und dies evozierte bei ihr ein Gefühl der Einsamkeit und Distanziertheit. Es war die grundlegende Menschlichkeit, die sich als schwierig erwies: sie konnte sich nicht in andere einfühlen und verweilte unentschlossen auf Fragen des Handelns und des Lebens. Schließlich wurde sie von ihren Zweifeln verzehrt und beschloss, nach reiflicher Überlegung, ihr Leben mit Schlaftabletten zu beenden. Es blieb ein ernsthafter, aber vergeblicher Versuch, und sie wurde folglich in die psychiatrische Abteilung der Freiburger Universitätsklinik eingeliefert, wo eine Schizophrenia simplex diagnostiziert wurde, ein Subtyp der Schizophrenie, der durch chronisch negative Symptome wie Apathie und Antriebsminderung gekennzeichnet ist und oft nicht mit psychotischen Positivsymptomen wie Wahnvorstellungen oder Halluzinationen einhergeht. Über einen Zeitraum von vier Jahren wurde sie mittels Psychotherapie, Psychopharmaka und Elektrokrampftherapie behandelt. Trotz Schwankungen in ihrer Suizidalität blieben ihre Symptome – ihr zugrundeliegender „Verlust“ natürlicher Selbstverständlichkeit – weitgehend unverändert, und sie beendete ihr Leben vier Jahre nach dem ersten Krankenhausaufenthalt.
Während dieser vier Jahre dokumentierte Raus Psychiater Wolfgang Blankenburg sorgfältig ihre Diskussionen, und ermöglichte somit einen Einblick in ihre psychologische Landschaft. Dabei griff er ihre Formulierung einer natürlichen Selbstverständlichkeit auf und entwickelte daraus eine psychopathologische Theorie. Obwohl natürliche Selbstverständlichkeit häufiger als „common sense“ bezeichnet wird, ist das Phänomen ähnlich: Dieses „kleine“ und „einfache“[1] Merkmal wird als anthropologischer Grundpfeiler verstanden.[2] Folglich dient es als Fundament für soziale Interaktion und gesellschaftliche Teilhabe im offenen Raum, in der Lebenswelt, und vermittelt ein Gefühl von Sicherheit und Vertrautheit.
Aber was passiert, wenn common sense „verloren“ geht? Rau beklagte das „Fehlen der Grundlagen“, dass ihre „Seele krank [sei]“.[3] In der phänomenologischen Psychiatrie ist allgemein anerkannt, dass der Verlust von common sense ein Kardinalsymptom bzw. eine zentrale Erfahrung in der Schizophrenie darstellt.[4] In diesem Zusammenhang schreibt Thomas Fuchs über Raus Schicksal: „Man muss den Beginn der Behandlung mit einem schweren Suizidversuch und den fatalen Ausgang mit dem Suizid mitbedenken, um sich deutlich zu machen, dass es sich bei dem Verlust, den die Patientin beklagte, nicht um einen sonderbaren Spleen handelte, sondern um etwas existenziell, ja man könnte sagen, ontologisch Lebensbedeutsames und Lebenswichtiges.“[5]
Gilles Deleuze und Félix Guattari bieten eine andere Interpretation. Deleuze und Guattari versuchten, die baumartige Logik der Dichotomie – der Eindeutigkeit und Unidirektionalität, der strengen vertikalen Hierarchien – hinter der „Staatsphilosophie“ und ihren wissenschaftlichen Anhängerinnen, einschließlich der Psychiatrie, abzubauen. Draußen verweilend auf der Suche nach Inspiration entdeckten sie im Unterirdischen das Konzept eines Rhizoms, das später als Inbegriff ihrer Idee der Vielheit dient:[6] „Die Natur verhält sich nicht so: die Wurzeln sind dort Pfahlwurzeln mit zahlreichen seitlichen und kreisförmigen, aber keinesfalls dichotomischen Verzweigungen.“[7] Sie fahren fort: „Ein Rhizom hat weder Anfang noch Ende, es ist immer in der Mitte, zwischen den Dingen, ein Zwischenstück, Intermezzo. […] Der Baum braucht das Verb “sein”, doch das Rhizom findet seinen Zusammenhalt in der Konjunktion “und… und… und…”. In dieser Konjunktion liegt genug Kraft, um das Verb “sein” zu erschüttern und zu entwurzeln.“[8] Anstatt Schizophrenie als pathologischen Zustand zu interpretieren, wird sie als Teil eines rhizomatischen Erfindungsprozesses verstanden, als „Expansion statt Rückzug. Seine Zweiheit ist das Wiedergeben zu einer Vielheit. Von Einem zum Anderen (und zum Anderen…) […] Nicht ziellos. Experimentell.“[9] Rhizomatische Prozesse sind nicht an etablierte Pfade gebunden. Sie nutzen das, was Deleuze und Guattari „nomadischen Raum“ nennen. Bei solchen Prozessen geht es nicht darum zu bestimmen was wahr ist, sondern was möglich ist, welche Gedanken provoziert werden, welche Emotionen, Empfindungen und Wahrnehmungen auf diese Weise ausgelöst werden können; eine Erforschung der ontologischen Heterogenität.[10] Wie der Untertitel ihrer Hauptabhandlung (Kapitalismus und Schizophrenie) sowie das Schlüsselkonzept der Wunschproduktion – eine Synthese von Freuds Wunsch und der Produktion bei Marx, andeuten, erstreckt sich die übergeordnete Kritik von Deleuze und Guattari auf das kapitalistische System.
Für Deleuze und Guattari hat ein schizophrener Patient nicht den Kontakt zur Lebenswelt verloren, sondern steht „dem schlagenden Herzen der Realität am nächsten“.[11] Hierdurch wird der Bogen zu Raus natürlicher Selbstverständlichkeit und Blankenburgs common sense geschlagen. Deleuze und Guattari stehen dem common sense, den sie als charakteristisch für Imitation betrachten, sehr kritisch gegenüber und kritisieren „ein Bild des Denkens, das die Entwicklung einer ‚allgemeinen Idee‘ als Ziel festlegt (kategorisches Denken).“ Eine solche Imitation führt zu einem Prozess des „Gleich-werdens“, welches durch einen allgemeinen Konsens bestimmt, was “ist”, und nicht durch die endlosen Möglichkeiten dessen, was sein könnte. Im Gegensatz dazu ist „Anders-werden“ eine Aufhebung etablierter Konventionen und automatisierter Stimulus-Antwort-Schaltkreise.[12] In dieser flüchtigen Aufhebung kann Unbestimmtheit verankert werden. Mit anderen Worten: Anstatt sich der baumartigen Dichotomie der Imitation zu fügen (Gleich-werden) und sich damit den Wünschen und Anforderungen der etablierten Ordnung zu unterwerfen, ist ein rhizomatischer Ansatz greifbar – die Phänomene, welche ein Körper[13] erlebt oder sich vorstellt, aus dem Gesichtspunkt seiner potentiellen Dynamik zu deuten, außerhalb jeglicher determinierter Zustände (Anders-werden, ein organloser Körper).
Deleuze und Guattari verankerten diese Ablehnung von common sense in ihrem eigenen therapeutischen Ansatz der Schizoanalyse und indirekt in dem der Institutionellen Psychotherapie.[14] Somit werden alternative Verständniswege ermöglicht: Die Symptome werden in einem allgemeineren sozialen und historischen Kontext betrachtet. Deleuze und Guattari heben die Unterdrückung des Wunsches in kapitalistischen Gesellschaften hervor, wo es als Kommodität, als Wunsch für das, was einem fehlt, betrachtet wird. Folglich führt der common sense von Angebot und Nachfrage zu einem absurden Kampf um Bevorratung infolge imaginierter Engpässe. Ein rhizomatisches Verständnis des Wunsches lehnt die Prämisse ab, dass etwas fehlt, und konzentriert sich stattdessen auf Erfindung oder aktive Schöpfung (Wunschproduktion). Aber um zu erfinden oder zu erschaffen muss der zähmende Effekt des common sense überwunden werden. Wenn man sich über die Bevorratung lustig macht und stattdessen versucht, das Erwünschte aus der Luft zu zaubern, könnte der vom common sense diktierte absurde Kampf tatsächlich überwunden werden – jedoch würden unzählige neue Probleme entstehen. Diese erfinderische Lösung spricht nicht nur von individuellem Wahnsinn; es sagt auch viel über die Bedingungen und überflüssigen Bedürfnisse in unserer kapitalistischen Gesellschaft aus. Deleuze und Guattari glaubten, dass diese kreative Energie in der Schizophrenie entsteht und versuchten, solche Wunschströme durch Schizoanalyse zu verstehen.
Für Anne Rau ist daher folgendes denkbar: Obwohl die ihr angebotene Therapie nach damaligem medizinischen Kenntnisstand als hochmodern angesehen wurde, könnte ein paradigmatisches Problem ihre Genesung erschwert haben. Wie die Fallstudie zeigt, hat die Fokussierung auf Raus „Mangel“ oder „Verlust“ von common sense und ihren Wunsch, ihn zu finden, nicht funktioniert. Was wäre passiert, wenn ein Ansatz der Schizoanalyse oder der Institutionellen Psychotherapie versucht worden wäre? Was wäre passiert, hätte man Raus Symptome stattdessen im Kontext einer inhärenten Unvereinbarkeit mit den kapitalistischen Erwartungen betrachtet? Als Indikator für die zentrale Rolle der sozialen Unterdrückung bei der Pathogenese psychischer Erkrankungen; als kreative Konfrontation in einem allgemeineren, stark politisierten Bild? Wäre ihr „Verlust“ natürlicher Selbstverständlichkeit womöglich kontextualisiert und kompensiert worden? Und was hätte man aus Raus Erfahrung lernen können?
Somit wird einerseits der Verlust von common sense als Merkmal der Schizophrenie mit so schwerwiegenden Folgen wie Suizid dargestellt, während er auf der anderen Seite unter dem Banner der Vielheit applaudiert wird. Die Unterteilung ist jedoch nicht so schwarz-weiß, wie es zunächst erscheint. So sagt dann auch Thomas Fuchs: „Zweifellos, so betont Blankenburg, sind ja auch die Unselbstverständlichkeit, die Infragestellung des Gewohnten oder der Zweifel nicht weniger konstitutiv für eine gesunde Persönlichkeitsentwicklung als Selbstverständlichkeit und Vertrauen. In den schizophrenen und affektiven Psychosen jedoch hält sich das Dasein nicht mehr zwischen diesen Polen, sondern verliert die Polarität selbst und entgleitet in eines der Extreme.“ [15] Die dennoch fortbestehende Unstimmigkeit beruht auf der Ansicht Blankenburgs, die Vertrautheit und Selbstverständlichkeit bilden eine unverzichtbare Grundlage eines gewünschten Zustandes.
Leid, wie das der Anne Rau, welches dieser Debatte zugrunde liegt, hat zu einer Kritik an den Ideen von Deleuze und Guattari geführt. Sie wurden folglich weitgehend ignoriert und marginalisiert; man bezichtigte ihnen, psychische Erkrankungen zu verherrlichen; ihnen wurde eine Unerfahrenheit mit schizophrenen Patienten unterstellt.
Die Touristin bietet eine andere Perspektive (welche als Analogie betrachtet werden soll, nicht als Gleichung): Amman, die Hauptstadt des Haschemitischen Königreichs Jordaniens, wurde ursprünglich auf sieben Hügeln am Rande des Heiligen Landes erbaut. Während Jahrhunderte des Krieges Millionen Menschen in den Nachbarländern entwurzelten, wurde Jordanien zu einer Oase relativer Stabilität für Palästinenser, Syrer, Iraker, Libanesen und viele andere. In der Wüste koexistierend entstehen unzählige kulturelle und religiöse Traditionen und daraus resultierende Feinheiten: von Begrüßungsformen und Sitzregeln bis zum Geldwechsel; verbale und nonverbale Kommunikation, zum Beispiel wer angesprochen und mit wem Augenkontakt vermieden werden sollte; wie man sich verhält, wenn Menschen beten; sowie das verfassungsrechtlich gleichgesetzte Stammesgesetz der Beduinen, das Regierungsentscheidungen mit Stammespraktiken und -ritualen umgeht.
Wenn man über die inzwischen endlosen Hügel von Amman spaziert, wird eine ähnliche Kausalkette ausgelöst: Die Touristin, weit weg von zu Hause und losgelöst von allem Vertrauten, erlebt einen Verlust von common sense. In einem Restaurant, im Fitnessstudio, im Krankenhaus, im Supermarkt – wie soll sie sich verhalten? Banale Alltagsaktivitäten wirken entfremdend und werfen plötzlich Probleme auf. Die Konsequenz könnte jedoch nicht unterschiedlicher sein als im Falle von Anne Rau. Die Touristin begrüßt diesen Verlust von common sense; sucht den Kulturschock, um eine neue Perspektive zu gewinnen, als Antidot zum Alltagstrott, auf der Suche nach dem Rausch oder einen Urlaub. „Negative“ Erfahrungen gelten als unbezahlbare Lektionen, und die meisten Touristinnen stellen sich mühelos auf die Rückkehr aus der vorübergehenden Rolle um, heimkehrend mit einem selbstgefälligen, erfüllenden Gefühl des nachhaltigen Eindrucks in die sichere Witterung des common sense.
Dies offenbart eine merkwürdige Diskrepanz. Sowohl die schizophrene Patientin als auch die Touristin erleiden einen Verlust von common sense – sofern diese Phänomene erahnt und artikuliert werden können. Doch wie die Patientin bemitleidet, so wird die Touristin applaudiert. Inmitten dieser Diskrepanz wird die Vielheit von Deleuze und Guattari zugänglicher. Just wie die Touristin sich in einer fremden Welt auseinandersetzend mit jedem Tag innerlich wächst und umso weiser heimkehrt, kann die Patientin unbezahlbare Einblicke in unsere Lebenswelt bieten, nicht indem sie den Kontakt zu ihr verliert, sondern weil sie diese auf andere Weise erlebt. In diesem Licht sind Deleuze und Guattari einer Verherrlichung psychischer Erkrankungen weniger schuldig als vielmehr die Individualität, in all ihrer Exzentrik und ihrem Wahnsinn, respektierend – Phänomene einschließend, die als schizophren bezeichnet werden. Hier taucht nun ironischerweise in der zugrundeliegenden Kritik von common sense ein Element ihrer Philosophie auf: Denn indem sie die baumartige Logik der Imitation zugunsten des rhizomorphen Chaos ablehnen, warten Deleuze und Guattari mit der Möglichkeit des kollektiven Irrtums auf. Diese Vielheit sollte jedoch nicht dazu dienen, das Konzept der Schizophrenie oder der psychischen Erkrankungen „abzuschaffen“. Vielmehr sollte sie unsere Interaktion mit Menschen, die solche Phänomene erleben, informieren und unsere Augen für die Möglichkeit öffnen, von den Erfahrungen dieser Menschen zu lernen. „Der Schizophrene ist eine kranke Person, die Hilfe benötigt, aber Schizophrenie ist ein Weg ins Unbewusste, das Unbewusste nicht eines Individuums, sondern das „transzendentale Unbewusste“, ein Unbewusstes, das zeitgleich sozial, historisch und natürlich ist.“[16]
Ein anschließender Gedanke: Rhizomorphes Chaos oder Vielheit ist gefährlich, weil es leicht in die falsche Richtung kippen kann. Vanessa Springora veröffentlichte kürzlich „Le Consentement” („Die Einwilligung“), in dem sie über eine sexuelle Beziehung mit Gabriel Matzneff schreibt, während der sie minderjährig war. Dies hat zu einer längst überfälligen Untersuchung geführt und das weit verbreitete Fehlverhalten in den 1970er und 80er Jahren thematisiert. Kurz, es war zu dieser Zeit unter französischen Intellektuellen üblich, sexuelle Beziehungen zwischen Erwachsenen und Minderjährigen unter 15 Jahren zu unterstützen. 1977 wurde mit vielen einflussreichen Unterzeichnern, darunter Deleuze und Guattari, eine Petition zur Entkriminalisierung der sexuellen Beziehungen von Erwachsenen mit Kindern im Alter von 13 und 14 Jahren veröffentlicht.[17] Ihre Argumentation wurde von Michel Foucault in einem Radiointerview veranschaulicht: Die Annahme, dass „ein Kind nicht in der Lage ist, zu erklären, was passiert ist, und nicht in der Lage war, seine Zustimmung zu erteilen, sind zwei Missbräuche, die unerträglich und völlig unannehmbar sind.“[18] Wenn der ungezähmte Umfang des Wunsches zu weit reicht, könnte leicht Missbrauch, Leiden und dergleichen legitimiert werden – wie die Ausbeutung einer kindlichen Sexualität, nämlich 13-jähriger Kinder durch ältere Männer, ungeachtet dessen, ob man versucht zu argumentieren, dass sie einwilligungsfähig und selbstbestimmt seien. Eine beliebte Methode, um das zu ignorieren besteht darin, zwischen den „Künstlern“ und ihren „Werken“ zu unterscheiden. Es ist jedoch nicht einfach eine gesichtslose Ontologie, die Deleuze und Guattari vertreten, sondern tatsächlich eine Form der „Ethik“: [19] Die verhaltensbezogene Anwendung der Theorie ist die therapeutische Methode, „eine Art zu denken und [gemeinsam zu] leben“.[20] Somit muss das Verhalten als solches geprüft und auf höchstem Niveau gehalten werden. Nicht nur ihr therapeutisches, sondern eben auch ihr persönliches Verhalten, denn diese sind untrennbar miteinander verbunden. Obwohl rhizomorphes Chaos befreiend und Weisheit vermittelnd wirksam werden kann, muss es daher bestimmten Standards, Moralvorstellungen und Grenzen unterliegen. Sind diese common sense?
Footnotes
[1] Anne Raus Worte, siehe Wolfgang Blankenburg, „First steps toward a psychopathology of ‚common sense‘“, Philosophy, Psychiatry and Psychology 8:4 (December 2001), 303-315. Original: „Ansätze zu einer Psychopathologie des ‘Common Sense‘.“ Confinia Psychiatrica 12, 1969, 144–163
[2] Differenzierter wäre in Anlehnung an Samuel Thoma die Verwendung des Begriffs Sensus communis anstelle von common sense, um eines Schichtungsverhältnisses gerechtzuwerden: Hiernach geht es um die Interaktion in der und zur Umwelt, wo common sense („Regeln und Axiomen des Denkens“)neben Gemeinsinn („wahrgenommene[r] Umwelt“) und sozialer Sinn („sozialen Gewohnheiten“) als je eine von drei Dimensionen des übergeordneten Sensus communis verstanden wird (siehe Samuel Thoma: „Common Sense und Verrücktheit im sozialen Raum“. Köln: Psychiatrie Verlag, 64-83 und 144-148, direkte Zitate von S. 80). Weiterhin wird die natürliche Selbstverständlichkeit zunehmend in einem körperlichen Zusammenhang (embodiment, intercorporeality) als basales Phänomen des präreflexiven Selbst gefasst, das bei drohendem ‚Verlust‘ (disembodiment) zur sog. Hyperreflexivität führen kann (siehe z.B. Fuchs, T. und Röhricht, F. (2017). Schizophrenia and intersubjectivity: An embodied and enactive approach to psychopathology and psychotherapy. Philosophy, Psychiatry, & Psychology 24(2), 127-142). Da common sense im alltäglichen Gebrauch jedoch weiterhin als verständlicher und zugänglicher Platzhalter für die dichtere Auseinandersetzung dient verzichte ich, bis auf diese kurze Randnotiz, auf eine weitere theoretische Tiefe, um nicht von dem eigentlichen Fokus des Artikels abzulenken
[3] Wolfgang Blankenburg, „First steps toward a psychopathology of ‚common sense‘“, Philosophy, Psychiatry and Psychology 8:4 (December 2001), 303-315. Original: „Ansätze zu einer Psychopathologie des ‘Common Sense‘.“ Confinia Psychiatrica 12, 1969, 144–163
[4] Siehe z.B. Thomas Fuchs, „Wolfgang Blankenburg: Der Verlust der natürlichen Selbstverständlichkeit“, in Wolfang Blankenburg – Psychiatrie und Phänomenologie, Hrsg. Stefano Micali and Thomas Fuchs. Verlag Karl Alber Freiburg / München, 2014, 93-96
[5] Fuchs, „Wolfgang Blankenburg“, 84-85
[6] Anderswo als ‚nomadisches Denken‘ als Gegensatz zur ‘Staatsphilosophie’ beschrieben, ähnlich zu Spinozas ‘Ethik’ und Nietzsches ‘fröhliche Wissenschaft’. Siehe Brian Massumi, „A User’s Guide to Capitalism and Schizophrenia: Deviations from Deleuze and Guattari“, A Swerve ed., MIT Press, 1992, 6
[7] Gilles Deleuze und Félix Guattari, „Tausend Plateaus. Kapitalismus und Schizophrenie II“, Übersetzung von Gabriele Ricke und Ronald Voullié, Merve Verlage Berlin, 1992, 14
[8] Deleuze and Guattari, „Tausend Plateaus“, 41
[9] Massumi, „User’s Guide“, 1
[10] Massumi, „User’s Guide“, 8, 21. Guattari benutzt den Begriff ontologische Heterogenität in „Chaosmosis. An ethico-aesthetic paradigm“, Übersetzung von Paul Bains und Julian Pefanis, Indianapolis: Indiana University Press, 1995, 67
[11] Gilles Deleuze und Félix Guattari, „Anti-Oedipus. Kapitalismus und Schizophrenie I“, Übersetzung von Bernd Schwibs, Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main, 1977, 113
[12] Massumi, „User’s Guide“, 95-101
[13] Das kann ein kollektiver Körper (z.B. Staat oder Institution), ein individueller Körper (z.B. Mensch oder Tier), oder ein sub-Körper (z.B. Gedanke oder Wunsch) sein. Vgl. Massumi, „User’s Guide“, 95-101
[14] Siehe Milan Röhricht, ‘Institutional Psychotherapy’, isolatarium.org (3/2019)
[15] Fuchs, „Wolfgang Blankenburg“, 86
[16] Daniel Smith und John Protevi, „Gilles Deleuze“. The Stanford Encyclopedia of Philosophy, Spring 2020 Edition, Edward N. Zalta (ed.), Übersetzung MR
[17] Le Monde, 26. Januar, 1977, 24-26
[18] „The Danger of Child Sexuality“ — Michel Foucaults Diskussion mit Guy Hocquenghem und Jean Danet, Produktion Roger Pillaudin, im Radio übertragen bei France Culture am 4. April, 1978, Übersetzung MR
[19] Das wird besonders deutlich in Hinblick auf die Institutionelle Psychotherapie. Siehe, z.B. Camille Robcis, „François Tosquelles and the Psychiatric Revolution in Postwar France“, Constellations, 23:2 (June 2016), 212-222
[20] Robcis, „François Tosquelles“, 220, Übersetzung MR